MIT WISSEN FÜR
VERSTÄNDNIS SORGEN
Wir klären auf und sprechen offen über
das Thema Suizid, damit betroffene
Menschen leichter Hilfe bekommen.
Suizide lassen sich verhindern
Unterstützung und Zugang zu Hilfsangeboten für Menschen in seelischer Not können Suizide verhindern. Menschen, die an Suizid denken, sind oft hin- und hergerissen: Einerseits wollen sie leben. Andererseits haben sie den Wunsch zu sterben, weil sie den Tod als einzigen Ausweg sehen, um ihre Probleme und ihr Leiden zu beenden.
Suizidgedanken sind ein Zeichen großer Verzweiflung und seelischer Not und treten in Krisen und/oder bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen auf. Ist die Krise überwunden und/oder die psychische Erkrankung behandelt, kehrt auch der Lebenswille zurück.
Jemanden auf Suizidgedanken anzusprechen, ist wichtig
Wenn du den Verdacht hast, dass jemand Suizidgedanken hat, ist es wichtig, offen nachzufragen. Wenn dies nicht der Fall ist, wird die Person durch diese Fragen keine Suizidgedanken entwickeln. Falls eine Person jedoch mit Suizidgedanken belastet ist, hat sie dadurch die Möglichkeit, mit dir darüber zu sprechen. Das kann entlasten und ist der erste Schritt, um die notwendige Hilfe zu bekommen.
Wir klären über Daten & Fakten
zu Suizidalität auf
Was ist Suizidalität?
Von Suizidalität spricht man, wenn das Denken und Verhalten eines Menschen darauf ausgerichtet ist, sich das Leben zu nehmen. Sie umfasst den Bereich von einzelnen Suizidgedanken über riskantes, den eigenen Tod in Kauf nehmendes Verhalten bis hin zu Suizidversuchen und vollendeten Suiziden.
Wie ist die Lage in Deutschland?
In Deutschland starben 2023 10.300 Personen durch Suizid, das sind im Durchschnitt 28 Personen pro Tag. Die Suizidrate in Deutschland liegt bei 12,2 pro 100.00 Einwohnende. Die höchsten Suizidraten in Deutschland hatten im letzten Jahr Sachsen-Anhalt und Sachsen mit 17 bzw. 16,9. Die Anzahl der Suizidversuche ist mit 100.000 um ein vielfaches höher, dabei ist mit einer hohen Dunkelziffer zu rechnen.
Was sind
Schutzfaktoren?
Bestimmte Schutzfaktoren können das Suizidrisiko reduzieren. Dazu gehören:
- soziale Unterstützung
- starke persönliche Beziehungen
- positive Bewältigungsstrategien (u.a. die Bereitschaft, bei Bedarf Hilfe zu suchen)
- Aktive Beteiligung in einer Therapie
- Religiosität und Spiritualität
Wer ist betroffen?
2021 wurden in Deutschland 73,8% der Suizide durch Männer verübt. Das Durchschnittsalter lag bei 61,1 Jahren. In Deutschland stellten Suizide 2023 die häufigste Todesursache bei den 10- unter 25-Jährigen dar. Von einem Suizid können ca. 6-100 Personen (Familie, Freund*innen, Bekannte, Kolleg*innen) aus dem Umfeld der/des Verstorbenen betroffen sein, die um die Person trauern
Welche Gruppen
sind besonders
betroffen?
Diese Personengruppen sind neben Anderen besonders von Suizidalität betroffen:
- Menschen mit psychischen Störungen
- Männer
- Ältere Menschen
- Geflüchtete und Migrant*innen
- Queere Menschen, wie lesbische, schwule, bisexuelle, trans-und intergeschlechtliche Personen (lsbtiq+)
- Suizidhinterbliebene Menschen
Wie sprechen wir
öffentlich über
Suizide?
Da Sprache zur Meinungsbildung beiträgt, wollen wir Begriffe verwenden, die möglichst wenig werten. Wenn wir über Suizide sprechen verwenden wir begriffe wie „Suizid“ und „Selbsttötung“, denn sie sind wertfrei und neutral. Außerdem versuchen wir, wenn wir in der Öffentlichkeit über Suizide sprechen, gleichzeitig über Hilfsangebote und Stellen zu informieren, an die sich Betroffene wenden können, um Menschen in der Krise zu zeigen, dass sie nicht allein sind und ihre Situation bewältigen können.
Wie verbreitet
sind Suizide weltweit?
Alle 40 Sekunden verstirbt irgendwo auf der Welt ein Mensch durch Suizid. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass jährlich ca. 700.000 Menschen Suizid begehen – das sind ungefähr so viele Menschen, wie in Frankfurt am Main leben. Um eine Vergleichbarkeit zu schaffen, wird die Anzahl von Suiziden in der Suizidrate angegeben: Lesotho hat mit 87,5 Suiziden auf 100.000 Einwohnende die weltweit meisten Suizide. In Europa lag 2020 die höchste Rate in Litauen mit 20,2; in Zypern mit 3,45 die niedrigste.
Wie kannst du mit
deinem Wissen
Vorurteile abbauen?
Das Thema Suizid war lange ein Tabu und ist heute noch stigmatisiert. Falsche Annahmen und Vorurteile halten sich und können Menschen davon abhalten, sich Hilfe zu suchen. Deshalb ist es wichtig, darüber aufzuklären und den Menschen zu zeigen: Du bist nicht allein! Es gibt Hilfe!
Was sollten wir
beim Sprechen über
Suizid vermeiden?
Wenn wir über Suizid sprechen, gibt es auch ungünstige Formulierungen. Im Alltag werden manchmal die Wörter „Selbstmord“ oder „Freitod“ verwendet. Diese Begriffe sind ungünstig, da sie entweder – wie der Begriff „Mord“ – Gedanken an eine Straftat auslösen und damit stigmatisieren, oder weil sie den Suizid als „freie Entscheidung“ darstellen, obwohl die meisten Suizide in Notlagen passieren, wo klares Denken kaum möglich ist. Beides führt dazu, dass Menschen sich keine Hilfe suchen und das sollten wir vermeiden.
Wenn jemand andeutet, nicht
mehr leben zu wollen, muss man
diese Person ernst nehmen
Wenn eine Person einen Suizid unternimmt, hat sie oft vorher Andeutungen über ihre Absichten gemacht. Statistisch gesehen ist das in 8 von 10 Suizidversuchen der Fall. Allerdings gibt es auch Suizide, bei denen es vorher keine Warnsignale gab. Es ist wichtig, wenn es Warnzeichen gibt, diese zu erkennen, ernst zu nehmen und aktiv anzusprechen, um Suizide zu verhindern
Wenn Du Dir um jemanden Sorgen machst, zeigen wir dir, wie du Warnzeichen erkennst und Betroffene unterstützen kannst.
Was sind Risikofaktoren?
Ein Risikofaktor ist ein Merkmal oder eine Eigenschaft, die die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass eine Person ein bestimmtes Problem oder eine Krankheit entwickelt. Im Bereich Suizidalität bedeutet dies, dass bestimmte Faktoren das Risiko erhöhen, dass eine Person suizidale Gedanken haben oder Suizid begehen könnte. Deshalb ist es wichtig, diese Risikofaktoren zu kennen und bei Bedarf Unterstützung zu suchen.
Psychische Erkrankungen
- affektive Störungen ( bspw. Depression oder bipolare Störung)
- Suchterkrankungen
- Persönlichkeitsstörungen
- psychotische Störungen
- posttraumatische Belastungsstörung
anhaltende Konflikte mit Mitmenschen
- soziale Ausgrenzung
- Mobbing
- Isolation/ Einsamkeit
- Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Religion, Geschlechtsidentität, oder sexueller Orientierung
Verlust & traumatische Erlebnisse
- Todesfall
- Scheidung, Trennung
- Kündigung
- Überfall, sexuelle oder körperliche Gewalt, Unfall, Naturkatastrophe, Krieg, (…)
- Kürzliche Entlassung aus stationärer psychiatrischer Behandlung
- Inhaftierung
Alltagsbelastungen
- Berufliche Probleme
- Leistungsdruck/Überforderung in der Schule
- Familiäre Konflikte
- Finanzielle Schwierigkeiten
- Demütigung und Kränkung
Schwere körperliche Erkrankungen
- Krebs
- chronische Schmerzen
- schwerwiegende neurologische Erkrankungen
- nicht heilbare Erkrankungen
Workshops
Du kannst dein Wissen bei uns vertiefen. Wir bieten wissenschaftlich fundierte und wirksame Workshops für Jugendliche, Unternehmen und Fachpersonen im Kontakt mit Suizidalität und an.
Suizidgedanken sind keine Seltenheit
Die Pyramide stellt dar, wie häufig suizidale Gedanken und Verhaltensweisen bei Heranwachsenden im Alter von 14-21 Jahren in Deutschland vorkommen. Jede*r zehnte Jugendliche berichtet mindestens einmal ernsthafte Suizidgedanken gehabt zu haben. 5% gaben an, Suizidpläne gehabt zu haben und circa 3% der Jugendlichen versuchten sich das Leben zu nehmen.
Männer sterben
häufiger durch Suizid
In der Geschlechtsverteilung finden sich zwar deutlich mehr Suizidversuche bei Frauen im Vergleich zu Männern (3-9:1), jedoch sterben Männer häufiger durch Suizid (2-4:1). Diese Verteilung kann einerseits mit der Wahl der Methode begründet werden- jedoch zeigen Männer häufig auch weniger Hilfesuchverhalten, eine geringere Behandlungsbereitschaft und eine Tendenz dazu, weniger über Probleme zu sprechen oder Alkoholkonsum als Problemlösestrategie einzusetzen. Daher ist es insbesondere auch für Männer wichtig, über Probleme zu reden und sich in Krisen Hilfe zu suchen.
Das aktuelle Befinden einer Person kann Hinweis auf eine Suizidgefährdung sein. Das Wissen um Warnzeichen hilft, frühzeitig zu reagieren.
Über Suizidalität gibt es viele
Mythen und Vorurteile
Stimmt es, dass man „Suizide nicht verhindern kann“ ? – Über Suizide, Suizidalität und psychische Gesundheit kursieren viele Vorurteile und Fehlinformationen. Im Zweifelsfall können diese Mythen eine Person davon abhalten, sich Hilfe zu suchen – das wäre fatal. Wir wollen durch Faktenwissen mit Vorurteilen aufräumen und für Verständnis und Hoffnung sorgen. Überprüfe auch du dein Wissen und räume mit Vorurteilen auf.
Überprüfe dein Wissen
Welche Verantwortung haben
Medien?
- Was Goethe falsch gemacht hat: Werther-Effekt
- Der Werther Effekt beschreibt, wie Medienberichte über Suizide Nachahmungen auslösen können. Der Name kommt von Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werther“, in der die Hauptfigur sich suizidiert und nach dessen Veröffentlichung viele Suizide folgten. Deshalb gibt es Empfehlungen, dazu, was in Berichterstattung zu Suiziden unterbleiben sollte. So z.B.: Details zu Suizidmethode, -ort oder -handlung, genaue Details zur Person, reißerische Schlagzeilen oder Titelseiten, Veröffentlichung von Fotos oder Abschiedsbriefen. Begriffe wie „Freitod“ oder „Selbstmord“ sollen vermieden werden- um Suizide weder als freie Entscheidung zu bagatellisieren noch unangebrachte moralische Urteile zu fällen.
- Was Mozart richtig gemacht hat: Papageno-Effekt
- Der Papageno Effekt zeigt, dass eine bestimmte Medienberichterstattung dazu beitragen kann, Suizidalität zu verringern. Benannt nach einer Figur aus Mozarts „Zauberflöte“, beschriebt der Papageno-Effekt, wie positive Berichte über die Bewältigung suizidaler Krisen und Hilfsangebote, z.B. durch persönliche Geschichten oder informative Websites, Betroffenen helfen können. Hierbei ist es wichtig Hoffnung und Hilfsangebote zu vermitteln und Betroffenen zu zeigen, dass sie nicht allein sind.
Du möchtest mehr wissen oder bist Fachperson im Bereich Suizidalität? Dann informiere dich in der Forschungsdatenbank des Werner-Felber-Instituts.
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Quellen
- Bazrafshan, M. R., Sharif, F., Molazem, Z., & Mani, A. (2016). Exploring the risk factors contributing to suicide attempt among adolescents: A qualitative study. Iranian journal of nursing and midwifery research, 21(1), 93-99.
- DESTATIS, 2024: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/09/PD24_N046_23211.html
- Frey, L. M., Hans, J. D., & Cerel, J. (2016). Suicide disclosure in suicide attempt survivors: Does family reaction moderate or mediate disclosure’s effect on depression?. Suicide and Life‐Threatening Behavior, 46(1), 96-105.
- Robert-Koch-Institut (2023). Gesundheit A-Z: Suizid. URL:https://www.rki.de/DE/Content/GesundAZ/S/Suizid/Suizid_node.html
- Rudestam, K. E. (1971). Stockholm and Los Angeles: A cross-cultural study of the communication of suicidal intent. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 36(1), 82.
- Schrijvers, D. L., Bollen, J., & Sabbe, B. G. (2012). The gender paradox in suicidal behavior and its impact on the suicidal process. Journal of affective disorders, 138(1-2), 19-26.
- Statistisches Bundesamt, Stand November 2023 (*Angabe zum Jahr 2021)
- Statista,2024: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/218237/umfrage/anzahl-der-suizide-in-deutschland-nach-bundeslaendern/#:~:text=Im%20Jahr%202023%20haben%20sich,und%20Sachsen%20mit%2017%20bzw